Sonntag, 17. Juni 2007
Kapitel VIII - Saône
darbuit, 15:45h
Entsetzt wurde Sandreel losgelassen und fiel nach hinten auf den Wüstenboden. „Du lügst …“, leise entwichen die Worte der Anderen. Ihre Augen waren in die Ferne gerichtet und verschwommen, während ihre Haare leicht im Wind flatterten. „Nein, du bist Ayesha, meine Mutter!“ Mühsam stieß Sandreel sich vom Boden ab und schaute ihrer Mutter in die Augen.
Die blauen Augen von Ayesha wirkten verklärt, während sie sich zitternd von Sandreel entfernte. „Du lügst.“ Beim Sprechen brach ihre Stimme und eine Träne rann über ihre hervorstechenden Wangenknochen, die sie mit ihrer zittrigen Hand wegwischte. „Hörst du mich? Du lügst!“ Ihre Augen wurden nun vollkommen glasig und sie wandte sich wieder Sandreel zu und packte sie grob an den Schultern. „DU LÜGST! Sag, dass du lügst!“ Ihre Augen waren nur eine Fingerkuppe von Sandreels entfernt und die Tränen rannen ihr in Sturzbächen die Wangen herunter, während sie mit ihren knochigen Händen Sandreel zusammendrückte. „Nein …“, mit belegter Stimme antwortete Sandreel, am ganzen Leib zitternd. Fassungslos sah ihre Mutter sie an, ließ sie sinken und vergrub die Hände in ihrem Gesicht, wobei man ein leises Wimmern vernehmen konnte.
Sandreel wollte sich gerade aufrichten, als sie ein Schlag mitten ins Gesicht traf, sodass sie rücklings in den Sand flog. „DU ELENDE LÜGNERIN!“ Ayeshas Augen waren gerötet und kleine Äderchen traten auf ihrer Stirn hervor. „HÖR AUF ZU LÜGEN!“ Wieder schlug Ayesha zu, die Tränen waren aus ihrem Gesicht verschwunden, nur purer Hass loderte in ihr. „Nein, nicht …“, Sandreel wollte schützend die Arme vor ihr Gesicht, ihren Bauch reißen, doch da traf sie ein weiterer Schlag, sodass ihr Nase laut knackte und Blut in alle Richtungen spritzte. „Nein …“ Sandreel wandte sich unter den eintreffenden Schlägen am Boden und versuchte am Boden wegzurobben, doch Ayesha warf ihr die Kordel ihrer Kutte um den Hals und band ihr so die Luft ab. „LÜG – MICH – NICHT – AN!“ Bei jedem Wort zog sie die Kordel enger und Sandreel röchelte lautstark nach Luft, um gleichzeitig mit ihren Händen auf Ayesha einzuschlagen. „Dandruil …“ Sie hauchte die Worte in den Wind und verstummte, als ihr Kopf vorne rüber knickte.
„Sie sieht so schwach aus. Wird sie es schaffen?“ „Mit ein bisschen Wurzenkraut … Ayesha hat ihr zwar Schwellungen zugesetzt, aber die verschwinden wieder.“ „Sind bleibende Schäden zu vermuten?“ „Nein. Zumindest nichts Ernstes. Aber jetzt raus hier, Kranke brauchen Ruhe!“ Sandreel konnte ein Tür auf- und zugehen hören, dann das Schieben eines Stuhls und zuletzt das Kratzen einer Feder auf Pergament.
Wo bin ich? Was ist mit mir passiert und warum hat mich Ayesha … meine eigene Mutter nicht erkannt und so reagiert? Ach Dandruil … rette mich …
Ihre Augen waren schwer und müde, doch sie wollte Antworten und wandte so ihren ganzen Willen auf. Langsam erhob sie sich im Bett und blinzelte durch ihre Augen. Helligkeit flutete einen kleinen Raum, der mit drei Betten, einem Tisch und einem Stuhl, einem großen Schrank und mehreren kleinen Hockern voll geräumt war. Ein Fenster war geöffnet und frische Luft und der Geruch von Kräutern wehte herein. Das Kratzen der Feder hielt an und Sandreel drehte den Kopf, um nach dem Verursacher zu schauen.
An dem Schreibtisch saß … ja, was saß da überhaupt? Es schien, als würde dort auf einem Stuhl ein großer Mantel stehen, aus dem oben ein roter Wust Haare herausguckte. Beim näheren Betrachten fielen Sandreel die beiden Stummelbeine auf, die in unförmigen Schuhen mehr als eine Handbreit über dem Boden baumelten. Auch bemerkte sie jetzt, dass sich die Haare bewegten und kleine Arme immer wieder neben dem Mantel her nach vorne und hinten fuhren.
Sie musste husten und lachen zugleich, als sie sich vorstellte, dass man ein kleines Kind in einen zu großen Mantel gesteckt hätte. Das Kratzten brach abrupt ab und die kleine Person hopste vom Stuhl und kam auf Sandreel zugeeilt. Sandreels Grinsen verstärkte sich nur noch mehr, als sie die kindlichen Züge der Frau sah. Die roten, gelockten Haare waren über eine Hälfte des Gesichts gefallen und so guckte nur ein tiefbraunes Auge keck unter der Stirn hervor. Die Nase war zu klein und pummelig für das Gesicht geraten, ebenso wie der Hals, der den Kopf fast nahtlos in die fransige Halskrause des Mantels übergehen ließ.
„Wieder wach? Und gleich mit so guter Laune? Naja … nach vier Tagen Schlaf hätte ich auch gute Laune …“, plapperte die Rothaarige munter drauf los, während sie zugleich Sandreels Kissen und Decke zurechtrückte. „Wo bin ich … und wer sind …?“ Weiter kam Sandreel nicht, da die Fremde ihr ein Glass Wasser in den Mund kippte, woran Sandreel sich sogleich heftig verschluckte. „Du hast gleich noch Zeit für Fragen. Jetzt müssen wird dich erst einmal ein bisschen aufpäppeln, wa?“ Gut gelaunt und quirlig huschte sie zu ihrem Schreibtisch zurück und öffnete verschiedene Schubladen, nahm Kräuter heraus, legte welche zurück und vermengte zum Schluss ein paar miteinander. Mit einem weißen Porzellantopf bewaffnet näherte sie sich wieder dem Bett und legte eine ihrer warmen, kleinen Hände auf Sandreels Stirn. „Fieber hast du nicht, nein. So … diese Salbe wird dir helfen, wieder gesund zu werden. Die letzten Tage habe ich sie dir drauf gemacht, aber ich denke du kannst das besser selber. Reib einfach da die Stellen an deinem Hals ein.“ Sie reichte das kleine Töpfchen mit der grünen Paste Sandreel, die zögerlich mit den Fingerspitzen eintauchte und dann die Creme langsam und sorgfältig auf ihren Schultern und dem Hals verteilte. Es kribbelte erst ein bisschen, fühlte sich dann aber ganz angenehm an. „Gut … das wiederholen wir jetzt jeden Tag zweimal und dann bist du schnell wieder gesund, wa?“, teilte ihr ihre Krankenschwester über die Schulter mit, die das Pöttchen wieder an sich genommen und auf dem überladenen Schreibtisch abgestellt hatte.
Während der ganzen Zeit war Sandreel nicht zu Wort gekommen, da die energische kleine Frau jeden ihrer Versuche abgebügelt hatte. Jetzt aber drängten die Fragen aus ihr hervor: „Wie heißen sie? Und – wo bin ich hier?“ „Oh, wie dumm von mir. Ich bin Mrs. Twings. Deneva Twings. Reicht, wenn du mich Deneva nennst, hmm. Ich leg nicht soviel auf Äußerlichkeiten, wa?“, rief ihr Deneva wieder über die Schulter zu, während sie zugleich einen Haufen Papiere durchwühlte und offenbar triumphierend schließlich einen von ganz unten herauszog. „Was war noch? Ach ja … wo du hier bist. In Saône, dem Kloster der Sakkarapriester. Wo hab ich es bloß …?“, setzte sie hinzu, wobei nicht klar war, ob sie mit sich oder mit Sandreel sprach.
Ein Kloster der Sakkarapriester? Wo bin ich da nur herein geraten?! Aber … dass was sie von mir wollen, werden sie niemals bekommen. Mit dieser Deneva sollte ich mich allerdings gut stellen, die scheint ganz nett zu sein. „Ha, hier ist er doch!“, rief Deneva aus, während sie ihr erstes Pergament achtlos irgendwo reinstopfte und ein neues, vergilbtes hochriss. Leise murmelte sie etwas vor sich hin, bis sie dann laut ausstieß: „Wusste ich es. Winsen- und Wurzenkraut konnte ich noch nie unterscheiden. Zum Glück hab ich dir den Trank noch nicht gegeben.“ Sie deutete auf einen Kessel, der auf einem der zahlreichen Hocker vor sich hinbrodelte und ab und zu kleine Dampfwolken ausstieß. Unwillkürlich verkrampfte sich Sandreels Hand im Bettlaken und ihre Knöchel traten weiß hervor. Hat sie mir Gift gegeben?! Zweifelnd zitterte Sandreel am ganzen Körper und schaute nervös zu Deneva, die nichts von Sandreels Gewissenskämpfen mitzukriegen schien. „Denn du musst wissen, Wurzenkraut ist eins der tödlichsten Gifte überhaupt. Winsenkraut hingegen heilt Verbrennungen und Schürfwunden. Ich sag dir, dat sähe nicht so schön aus, wenn du statt Winsen- Wurzenkraut essen würdest. Ich hab’s schon mal mit angesehen. War kein schöner Anblick, wa?“ Deneva ging vom Schreibtisch zum Kessel und tippte einmal mit dem Finger dagegen und murmelte „Nimron“, worauf der Inhalt des Kessels ins Nichts verschwand.
Sandreel beruhigte sich langsam wieder, als sie das aus Denevas Mund hörte. Aber – ihre wichtigste Frage war immer noch unbeantwortet. Warum bin ich hier? Und – warum fällt mich meine eigene Mutter an? „Aber … ich weiß zwar jetzt wo ich bin und wer du bist, aber warum bin ich hier?“ Sandreel konnte ihre Fragen nicht länger zurückhalten. Deneva stellte einen Kolben, den sie gerade erst hochgehoben hatte, wieder ab und drehte sich langsam um. Sie seufzte einmal und schaute dann in Sandreels himmelblaue Augen. „Das darf ich dir nicht sagen. Aber ich sehe in deinen Augen, dass du es eh schon weißt … oder vermutest. Bist ein schlaues Mädchen, wa?“ Sandreels Herz begann zu rasen. Das durfte … das konnte nicht wahr sein. NEIN! Innerlich schrie sie auf, begehrte dagegen, vergaß all die neue Geborgenheit, die sie soeben erfahren hatte. Doch … äußerlich blieb sie ruhig. Ich darf sie mir nicht zur Feindin machen. Mit brüchiger Stimme stellte sie ihre zweite Frage: „Und Ayesha – warum hat mich meine eigene Muter angefallen?!“ Diesmal seufzte Deneva noch mehr. Sie kam langsam zu Sandreels Bett herüber und zog einen kleinen Hocker mit sich, auf den sie sich draufsetzte, was bei ihrer Größe erstmal einige Zeit dauerte. Dann schaute sie Sandreel abermals tief in die Augen, bevor sie erneut zu sprechen begann. „Ich weiß nicht, ob du Ayeshas Kind bist. Schau … Ayesha kam vor vielen Jahren zu uns, in einer stürmischen Nacht. Die Glocken läuteten, wie auch bei deiner Ankunft, und sie wurde von unserer obersten Schwester gefunden und gepflegt. In ihren Fieberträumen erzählte sie immer von zwei Kindern … ja, von zwei Kindern … die wir retten und schützten sollten. Die sie retten und schützen wollte. Das eine wirst vielleicht du sein, wa, das andere kennen wir nicht. Sie warf sich immer unruhig des Nachtens hin und her und schrie erbittert auf, doch eines Nachts erzählte sie, dass ihr erstes Kind in einem Sturm gestorben und das zweite weggelaufen sei. Unerträgliche Schmerzen muss sie erlitten haben, als ihr das wertvollste, was sie hatte abhanden gekommen ist. Verstehst du? Nein? Dann hör weiter zu … Nach jener Nacht wachte sie aus ihren Fieberträumen auf. Als wir sie fragten, ob sie Kinder oder Angehörige hätte, log sie und sagt nein. Sie hat nie mehr von ihren Kindern gesprochen und ihre Seele schien immer mehr zu verfallen. Nachdem wir ihren Schmerz nicht mehr ertragen konnten, gaben wir ihr einen Vergessenstrank. Seitdem kann sie sich nicht mehr an dich oder ihr anderes Kind erinnern, wa? Aber … dein Gesicht hat sich tief auf ihre Seele eingebrannt, so tief, dass es selbst ein Vergessenstrank nicht mehr auslöschen könnte. Wenn sie dich jetzt sieht, kommen ihre unterdrückten Erinnerungen hoch, auch wenn sie eigentlich gar nicht weiß, dass sie Kinder hatte. Und … du hast ja gesehen, was dann passiert. Bleib einfach fern von ihr oder erwähne nicht, dass du ihre Tochter bist, wa? Wird für alle das Beste sein …“ Deneva schüttelte ein paar mal den Kopf, blieb aber an Sandreels Bett sitzen.
Meine Mutter … die mich soviel Qual und Leid erdulden ließ, hat wegen mir gelitten? Ist wegen mir dem Wahnsinn verfallen? Sandreel konnte es nicht fassen und schüttelte ungläubig wieder und wieder den Kopf. Das kann nicht war sein. Nicht sie. Sie wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen, als die tiefe Glocke wieder zu schlagen begann. „Oh ja, es gibt Essen. Du bleibst aber besser in deinem Bett, wa? Ich bringe dir später was.“ Deneva räumt den Hocker zur Seite und verließ den Raum durch die kleine, unscheinbare Eichentür, die Sandreel bis jetzt noch nicht aufgefallen war. Als die Tür zugeschnappt war, konnte sie einen alten Schlüssel hören. Sie saß also in der Falle.
Nachdem sie eine ganze Zeit nervös im Zimmer umher gewandert war, lag sie nun schon länger auf dem Bett und ließ die letzten Tage Revue passieren. In so kurzer Zeit ist so viel passiert. Dandruil …wenn du doch nur bei mir wärst und mich unterstützen könntest … Sie seufzte laut und drehte sich auf dem Bett um und starrte die weiß verkalkte Wand an. Sanft sanken ihre Lider nach unten und sie verfiel in einen unruhigen Schlaf.
Das plötzliche Klappern der Tür schreckte Sandreel aus ihrem Schlaf hoch. Müde rieb sie sich die Augen, während sie sich mit einer Hand vom Bett abstützte und schon wieder die plappernde Stimme von Deneva vernahm. „Soderle. Da ham wir hier eine schöne, heiße Brühe, wa? Ist noch ganz frisch, wir mussten vorm Essen noch was besprechen. Iss also schön langsam, sonst verbrennst du dich noch und du bist im Moment schon krank genug, wa?“ Deneva stellte ein kleines Tablett mit einer dampfenden Schale auf Sandreels Schoß ab und wandte sich schon wieder dem Schreibtisch zu. „Ist ’ne Fleischbrühe, wirste schon mögen. Und … mach dir keine Sorgen, dass wir dich hier vergiften wollen. Die anderen haben … anderes mit dir vor.“ Ein Hauch von Mitgefühl schwang jetzt in Denevas Stimme mit, vielleicht hatte sie sich nicht grundlos umgedreht, denn man konnte laut und deutlich einen Schniefer hören.
Doch Sandreel hatte so einen Hunger, dass sie sich über solche Sachen keine Gedanken machen konnte. Begierig tauchte sie den Löffel ein und schluckte hastig die heiße Brühe. Deneva hatte nicht übertrieben, sie war wirklich noch recht heiß. Nachdem sie aufgegessen hatte, konnte sie sich endlich wieder ihrer Betreuerin zu wenden, die die ganze Zeit schon verdächtig ruhig gewesen war. „Ich weiß zwar jetzt, dass ich in Saône bin, doch ich kann mir darunter immer noch nichts vorstellen. Ein Kloster der Sakkarapriester. Ihr seid doch eine Sekte, ein meuchelnder, blutgieriger Haufen. Ihr seid … die Grausamkeit in Person.“ Deneva drehte sich auf dem Stuhl herum und starrte Sandreel an. Einen momentlang bewahrte sie ihre Ernsthaftigkeit, dann kam es prustend aus ihr hervor und sie musste laut lachen. „Was … habe ich was gemacht?“ Sandreel stellte das Tablett von ihrem Schoß auf den Boden und starrte fassungslos Deneva an. „Nichts, nichts … es ist schon alles in Ordnung.“, brachte diese hervor und wischte sich dabei unter Kichern Lachtränen aus den Augen. „Es ist nur so erstaunlich, dass ihr … Anderen körperlichen Schmerz immer schlimmer darstellt als psychischen.“ Sie musste glucksen. „Obwohl doch eure eigenen Priester schon vor langer Zeit verkündeten, dass ein Wort mehr verletzen kann als 1000 Schläge.“ Abermals lachte sie, riss sich aber nun zusammen und schaute Sandreel wieder ernst an. „Nur … was willst du denn wissen? Ich mein, ich kann dir nicht alles erzählen, wa?“ „Alles. Ich möchte alles wissen, was ich wissen darf.“ „Alles? DAS könnte etwas dauern, wa?“ Mit einem Schmunzeln stand sie auf und setzte sich zu Sandreel aufs Bett. „Also … was weißt du überhaupt über den Sakkaraorden? Ich vermute mal nicht viel …“ „Nein, ich weiß gar nichts über euch. Außer, dass ihr gewalttätig seit, unmenschliche Riten vollführt, Mensch und Tier quält und dem Blutwahn erliegen seid.“ „Dann weißt du doch schon fast alles.“ Deneva verzerrte ihr Grinsen zu einer unmenschlichen Fratze und schaute Sandreel tief in die Augen. „Wir beten Morgana, die Göttin der Zerstörung und des Todes, als Höchstes in der Welt an. In den Schriften steht geschrieben, dass sie eines Tages in einem jungen Körper zu uns zurückkehren wird und die Welt von allem Übel befreit. Bis zum Tag der Erleuchtung müssen wird Gläubigen jedoch den Kontakt zu den Unreinen meiden. Und so ist es unsere Aufgabe alle Abfälligen zu vernichten und uns an ihrem Blut zu laben. Dies hier ist der Ort, an dem Morgana einst das Antlitz der Welt verließ und uns ihre Schriften hinterließ. Seit Tausenden von Monden leben wir hier schon und warten auf die Rückkehr Morganas. Und so wie es aussieht, ist in den letzten Tagen die Dämmerung angebrochen … nicht mehr lange …“
Sandreel hatte sich bei den letzten Worten geschüttelt. Sie konnte doch nicht Morgana sein? Nein. Ich hätte es gemerkt. Ich kann nicht Morgana sein. Nein. Aber ich weiß vermutlich wer es ist …Sandreel starrte Deneva an. „Warum erzählst du mir das alles?“ Eins der zwei rehbraunen Augen starrte zurück und zwang Sandreel den Blick abzuwenden. „Ich glaube wie alle hier an Morgana. Doch … ich glaube auch an die Liebe. Wie ich schon sagte: Ein Wort kann mehr Schmerz zufügen als 1000 Schläge. Ich warte nicht nur auf Morgana … Doch jetzt lass uns nicht nur auf so unerfreulichen Themen herumreiten, erzähl mir doch mal was du so gemacht hast … früher. Ich muss dich hier noch ne ganze Zeit ertragen, wa? Da will ich wenigstens ein paar Geschichten hören, ne!“ Sandreel schluckte. Und fing an zu erzählen.
Die blauen Augen von Ayesha wirkten verklärt, während sie sich zitternd von Sandreel entfernte. „Du lügst.“ Beim Sprechen brach ihre Stimme und eine Träne rann über ihre hervorstechenden Wangenknochen, die sie mit ihrer zittrigen Hand wegwischte. „Hörst du mich? Du lügst!“ Ihre Augen wurden nun vollkommen glasig und sie wandte sich wieder Sandreel zu und packte sie grob an den Schultern. „DU LÜGST! Sag, dass du lügst!“ Ihre Augen waren nur eine Fingerkuppe von Sandreels entfernt und die Tränen rannen ihr in Sturzbächen die Wangen herunter, während sie mit ihren knochigen Händen Sandreel zusammendrückte. „Nein …“, mit belegter Stimme antwortete Sandreel, am ganzen Leib zitternd. Fassungslos sah ihre Mutter sie an, ließ sie sinken und vergrub die Hände in ihrem Gesicht, wobei man ein leises Wimmern vernehmen konnte.
Sandreel wollte sich gerade aufrichten, als sie ein Schlag mitten ins Gesicht traf, sodass sie rücklings in den Sand flog. „DU ELENDE LÜGNERIN!“ Ayeshas Augen waren gerötet und kleine Äderchen traten auf ihrer Stirn hervor. „HÖR AUF ZU LÜGEN!“ Wieder schlug Ayesha zu, die Tränen waren aus ihrem Gesicht verschwunden, nur purer Hass loderte in ihr. „Nein, nicht …“, Sandreel wollte schützend die Arme vor ihr Gesicht, ihren Bauch reißen, doch da traf sie ein weiterer Schlag, sodass ihr Nase laut knackte und Blut in alle Richtungen spritzte. „Nein …“ Sandreel wandte sich unter den eintreffenden Schlägen am Boden und versuchte am Boden wegzurobben, doch Ayesha warf ihr die Kordel ihrer Kutte um den Hals und band ihr so die Luft ab. „LÜG – MICH – NICHT – AN!“ Bei jedem Wort zog sie die Kordel enger und Sandreel röchelte lautstark nach Luft, um gleichzeitig mit ihren Händen auf Ayesha einzuschlagen. „Dandruil …“ Sie hauchte die Worte in den Wind und verstummte, als ihr Kopf vorne rüber knickte.
„Sie sieht so schwach aus. Wird sie es schaffen?“ „Mit ein bisschen Wurzenkraut … Ayesha hat ihr zwar Schwellungen zugesetzt, aber die verschwinden wieder.“ „Sind bleibende Schäden zu vermuten?“ „Nein. Zumindest nichts Ernstes. Aber jetzt raus hier, Kranke brauchen Ruhe!“ Sandreel konnte ein Tür auf- und zugehen hören, dann das Schieben eines Stuhls und zuletzt das Kratzen einer Feder auf Pergament.
Wo bin ich? Was ist mit mir passiert und warum hat mich Ayesha … meine eigene Mutter nicht erkannt und so reagiert? Ach Dandruil … rette mich …
Ihre Augen waren schwer und müde, doch sie wollte Antworten und wandte so ihren ganzen Willen auf. Langsam erhob sie sich im Bett und blinzelte durch ihre Augen. Helligkeit flutete einen kleinen Raum, der mit drei Betten, einem Tisch und einem Stuhl, einem großen Schrank und mehreren kleinen Hockern voll geräumt war. Ein Fenster war geöffnet und frische Luft und der Geruch von Kräutern wehte herein. Das Kratzen der Feder hielt an und Sandreel drehte den Kopf, um nach dem Verursacher zu schauen.
An dem Schreibtisch saß … ja, was saß da überhaupt? Es schien, als würde dort auf einem Stuhl ein großer Mantel stehen, aus dem oben ein roter Wust Haare herausguckte. Beim näheren Betrachten fielen Sandreel die beiden Stummelbeine auf, die in unförmigen Schuhen mehr als eine Handbreit über dem Boden baumelten. Auch bemerkte sie jetzt, dass sich die Haare bewegten und kleine Arme immer wieder neben dem Mantel her nach vorne und hinten fuhren.
Sie musste husten und lachen zugleich, als sie sich vorstellte, dass man ein kleines Kind in einen zu großen Mantel gesteckt hätte. Das Kratzten brach abrupt ab und die kleine Person hopste vom Stuhl und kam auf Sandreel zugeeilt. Sandreels Grinsen verstärkte sich nur noch mehr, als sie die kindlichen Züge der Frau sah. Die roten, gelockten Haare waren über eine Hälfte des Gesichts gefallen und so guckte nur ein tiefbraunes Auge keck unter der Stirn hervor. Die Nase war zu klein und pummelig für das Gesicht geraten, ebenso wie der Hals, der den Kopf fast nahtlos in die fransige Halskrause des Mantels übergehen ließ.
„Wieder wach? Und gleich mit so guter Laune? Naja … nach vier Tagen Schlaf hätte ich auch gute Laune …“, plapperte die Rothaarige munter drauf los, während sie zugleich Sandreels Kissen und Decke zurechtrückte. „Wo bin ich … und wer sind …?“ Weiter kam Sandreel nicht, da die Fremde ihr ein Glass Wasser in den Mund kippte, woran Sandreel sich sogleich heftig verschluckte. „Du hast gleich noch Zeit für Fragen. Jetzt müssen wird dich erst einmal ein bisschen aufpäppeln, wa?“ Gut gelaunt und quirlig huschte sie zu ihrem Schreibtisch zurück und öffnete verschiedene Schubladen, nahm Kräuter heraus, legte welche zurück und vermengte zum Schluss ein paar miteinander. Mit einem weißen Porzellantopf bewaffnet näherte sie sich wieder dem Bett und legte eine ihrer warmen, kleinen Hände auf Sandreels Stirn. „Fieber hast du nicht, nein. So … diese Salbe wird dir helfen, wieder gesund zu werden. Die letzten Tage habe ich sie dir drauf gemacht, aber ich denke du kannst das besser selber. Reib einfach da die Stellen an deinem Hals ein.“ Sie reichte das kleine Töpfchen mit der grünen Paste Sandreel, die zögerlich mit den Fingerspitzen eintauchte und dann die Creme langsam und sorgfältig auf ihren Schultern und dem Hals verteilte. Es kribbelte erst ein bisschen, fühlte sich dann aber ganz angenehm an. „Gut … das wiederholen wir jetzt jeden Tag zweimal und dann bist du schnell wieder gesund, wa?“, teilte ihr ihre Krankenschwester über die Schulter mit, die das Pöttchen wieder an sich genommen und auf dem überladenen Schreibtisch abgestellt hatte.
Während der ganzen Zeit war Sandreel nicht zu Wort gekommen, da die energische kleine Frau jeden ihrer Versuche abgebügelt hatte. Jetzt aber drängten die Fragen aus ihr hervor: „Wie heißen sie? Und – wo bin ich hier?“ „Oh, wie dumm von mir. Ich bin Mrs. Twings. Deneva Twings. Reicht, wenn du mich Deneva nennst, hmm. Ich leg nicht soviel auf Äußerlichkeiten, wa?“, rief ihr Deneva wieder über die Schulter zu, während sie zugleich einen Haufen Papiere durchwühlte und offenbar triumphierend schließlich einen von ganz unten herauszog. „Was war noch? Ach ja … wo du hier bist. In Saône, dem Kloster der Sakkarapriester. Wo hab ich es bloß …?“, setzte sie hinzu, wobei nicht klar war, ob sie mit sich oder mit Sandreel sprach.
Ein Kloster der Sakkarapriester? Wo bin ich da nur herein geraten?! Aber … dass was sie von mir wollen, werden sie niemals bekommen. Mit dieser Deneva sollte ich mich allerdings gut stellen, die scheint ganz nett zu sein. „Ha, hier ist er doch!“, rief Deneva aus, während sie ihr erstes Pergament achtlos irgendwo reinstopfte und ein neues, vergilbtes hochriss. Leise murmelte sie etwas vor sich hin, bis sie dann laut ausstieß: „Wusste ich es. Winsen- und Wurzenkraut konnte ich noch nie unterscheiden. Zum Glück hab ich dir den Trank noch nicht gegeben.“ Sie deutete auf einen Kessel, der auf einem der zahlreichen Hocker vor sich hinbrodelte und ab und zu kleine Dampfwolken ausstieß. Unwillkürlich verkrampfte sich Sandreels Hand im Bettlaken und ihre Knöchel traten weiß hervor. Hat sie mir Gift gegeben?! Zweifelnd zitterte Sandreel am ganzen Körper und schaute nervös zu Deneva, die nichts von Sandreels Gewissenskämpfen mitzukriegen schien. „Denn du musst wissen, Wurzenkraut ist eins der tödlichsten Gifte überhaupt. Winsenkraut hingegen heilt Verbrennungen und Schürfwunden. Ich sag dir, dat sähe nicht so schön aus, wenn du statt Winsen- Wurzenkraut essen würdest. Ich hab’s schon mal mit angesehen. War kein schöner Anblick, wa?“ Deneva ging vom Schreibtisch zum Kessel und tippte einmal mit dem Finger dagegen und murmelte „Nimron“, worauf der Inhalt des Kessels ins Nichts verschwand.
Sandreel beruhigte sich langsam wieder, als sie das aus Denevas Mund hörte. Aber – ihre wichtigste Frage war immer noch unbeantwortet. Warum bin ich hier? Und – warum fällt mich meine eigene Mutter an? „Aber … ich weiß zwar jetzt wo ich bin und wer du bist, aber warum bin ich hier?“ Sandreel konnte ihre Fragen nicht länger zurückhalten. Deneva stellte einen Kolben, den sie gerade erst hochgehoben hatte, wieder ab und drehte sich langsam um. Sie seufzte einmal und schaute dann in Sandreels himmelblaue Augen. „Das darf ich dir nicht sagen. Aber ich sehe in deinen Augen, dass du es eh schon weißt … oder vermutest. Bist ein schlaues Mädchen, wa?“ Sandreels Herz begann zu rasen. Das durfte … das konnte nicht wahr sein. NEIN! Innerlich schrie sie auf, begehrte dagegen, vergaß all die neue Geborgenheit, die sie soeben erfahren hatte. Doch … äußerlich blieb sie ruhig. Ich darf sie mir nicht zur Feindin machen. Mit brüchiger Stimme stellte sie ihre zweite Frage: „Und Ayesha – warum hat mich meine eigene Muter angefallen?!“ Diesmal seufzte Deneva noch mehr. Sie kam langsam zu Sandreels Bett herüber und zog einen kleinen Hocker mit sich, auf den sie sich draufsetzte, was bei ihrer Größe erstmal einige Zeit dauerte. Dann schaute sie Sandreel abermals tief in die Augen, bevor sie erneut zu sprechen begann. „Ich weiß nicht, ob du Ayeshas Kind bist. Schau … Ayesha kam vor vielen Jahren zu uns, in einer stürmischen Nacht. Die Glocken läuteten, wie auch bei deiner Ankunft, und sie wurde von unserer obersten Schwester gefunden und gepflegt. In ihren Fieberträumen erzählte sie immer von zwei Kindern … ja, von zwei Kindern … die wir retten und schützten sollten. Die sie retten und schützen wollte. Das eine wirst vielleicht du sein, wa, das andere kennen wir nicht. Sie warf sich immer unruhig des Nachtens hin und her und schrie erbittert auf, doch eines Nachts erzählte sie, dass ihr erstes Kind in einem Sturm gestorben und das zweite weggelaufen sei. Unerträgliche Schmerzen muss sie erlitten haben, als ihr das wertvollste, was sie hatte abhanden gekommen ist. Verstehst du? Nein? Dann hör weiter zu … Nach jener Nacht wachte sie aus ihren Fieberträumen auf. Als wir sie fragten, ob sie Kinder oder Angehörige hätte, log sie und sagt nein. Sie hat nie mehr von ihren Kindern gesprochen und ihre Seele schien immer mehr zu verfallen. Nachdem wir ihren Schmerz nicht mehr ertragen konnten, gaben wir ihr einen Vergessenstrank. Seitdem kann sie sich nicht mehr an dich oder ihr anderes Kind erinnern, wa? Aber … dein Gesicht hat sich tief auf ihre Seele eingebrannt, so tief, dass es selbst ein Vergessenstrank nicht mehr auslöschen könnte. Wenn sie dich jetzt sieht, kommen ihre unterdrückten Erinnerungen hoch, auch wenn sie eigentlich gar nicht weiß, dass sie Kinder hatte. Und … du hast ja gesehen, was dann passiert. Bleib einfach fern von ihr oder erwähne nicht, dass du ihre Tochter bist, wa? Wird für alle das Beste sein …“ Deneva schüttelte ein paar mal den Kopf, blieb aber an Sandreels Bett sitzen.
Meine Mutter … die mich soviel Qual und Leid erdulden ließ, hat wegen mir gelitten? Ist wegen mir dem Wahnsinn verfallen? Sandreel konnte es nicht fassen und schüttelte ungläubig wieder und wieder den Kopf. Das kann nicht war sein. Nicht sie. Sie wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen, als die tiefe Glocke wieder zu schlagen begann. „Oh ja, es gibt Essen. Du bleibst aber besser in deinem Bett, wa? Ich bringe dir später was.“ Deneva räumt den Hocker zur Seite und verließ den Raum durch die kleine, unscheinbare Eichentür, die Sandreel bis jetzt noch nicht aufgefallen war. Als die Tür zugeschnappt war, konnte sie einen alten Schlüssel hören. Sie saß also in der Falle.
Nachdem sie eine ganze Zeit nervös im Zimmer umher gewandert war, lag sie nun schon länger auf dem Bett und ließ die letzten Tage Revue passieren. In so kurzer Zeit ist so viel passiert. Dandruil …wenn du doch nur bei mir wärst und mich unterstützen könntest … Sie seufzte laut und drehte sich auf dem Bett um und starrte die weiß verkalkte Wand an. Sanft sanken ihre Lider nach unten und sie verfiel in einen unruhigen Schlaf.
Das plötzliche Klappern der Tür schreckte Sandreel aus ihrem Schlaf hoch. Müde rieb sie sich die Augen, während sie sich mit einer Hand vom Bett abstützte und schon wieder die plappernde Stimme von Deneva vernahm. „Soderle. Da ham wir hier eine schöne, heiße Brühe, wa? Ist noch ganz frisch, wir mussten vorm Essen noch was besprechen. Iss also schön langsam, sonst verbrennst du dich noch und du bist im Moment schon krank genug, wa?“ Deneva stellte ein kleines Tablett mit einer dampfenden Schale auf Sandreels Schoß ab und wandte sich schon wieder dem Schreibtisch zu. „Ist ’ne Fleischbrühe, wirste schon mögen. Und … mach dir keine Sorgen, dass wir dich hier vergiften wollen. Die anderen haben … anderes mit dir vor.“ Ein Hauch von Mitgefühl schwang jetzt in Denevas Stimme mit, vielleicht hatte sie sich nicht grundlos umgedreht, denn man konnte laut und deutlich einen Schniefer hören.
Doch Sandreel hatte so einen Hunger, dass sie sich über solche Sachen keine Gedanken machen konnte. Begierig tauchte sie den Löffel ein und schluckte hastig die heiße Brühe. Deneva hatte nicht übertrieben, sie war wirklich noch recht heiß. Nachdem sie aufgegessen hatte, konnte sie sich endlich wieder ihrer Betreuerin zu wenden, die die ganze Zeit schon verdächtig ruhig gewesen war. „Ich weiß zwar jetzt, dass ich in Saône bin, doch ich kann mir darunter immer noch nichts vorstellen. Ein Kloster der Sakkarapriester. Ihr seid doch eine Sekte, ein meuchelnder, blutgieriger Haufen. Ihr seid … die Grausamkeit in Person.“ Deneva drehte sich auf dem Stuhl herum und starrte Sandreel an. Einen momentlang bewahrte sie ihre Ernsthaftigkeit, dann kam es prustend aus ihr hervor und sie musste laut lachen. „Was … habe ich was gemacht?“ Sandreel stellte das Tablett von ihrem Schoß auf den Boden und starrte fassungslos Deneva an. „Nichts, nichts … es ist schon alles in Ordnung.“, brachte diese hervor und wischte sich dabei unter Kichern Lachtränen aus den Augen. „Es ist nur so erstaunlich, dass ihr … Anderen körperlichen Schmerz immer schlimmer darstellt als psychischen.“ Sie musste glucksen. „Obwohl doch eure eigenen Priester schon vor langer Zeit verkündeten, dass ein Wort mehr verletzen kann als 1000 Schläge.“ Abermals lachte sie, riss sich aber nun zusammen und schaute Sandreel wieder ernst an. „Nur … was willst du denn wissen? Ich mein, ich kann dir nicht alles erzählen, wa?“ „Alles. Ich möchte alles wissen, was ich wissen darf.“ „Alles? DAS könnte etwas dauern, wa?“ Mit einem Schmunzeln stand sie auf und setzte sich zu Sandreel aufs Bett. „Also … was weißt du überhaupt über den Sakkaraorden? Ich vermute mal nicht viel …“ „Nein, ich weiß gar nichts über euch. Außer, dass ihr gewalttätig seit, unmenschliche Riten vollführt, Mensch und Tier quält und dem Blutwahn erliegen seid.“ „Dann weißt du doch schon fast alles.“ Deneva verzerrte ihr Grinsen zu einer unmenschlichen Fratze und schaute Sandreel tief in die Augen. „Wir beten Morgana, die Göttin der Zerstörung und des Todes, als Höchstes in der Welt an. In den Schriften steht geschrieben, dass sie eines Tages in einem jungen Körper zu uns zurückkehren wird und die Welt von allem Übel befreit. Bis zum Tag der Erleuchtung müssen wird Gläubigen jedoch den Kontakt zu den Unreinen meiden. Und so ist es unsere Aufgabe alle Abfälligen zu vernichten und uns an ihrem Blut zu laben. Dies hier ist der Ort, an dem Morgana einst das Antlitz der Welt verließ und uns ihre Schriften hinterließ. Seit Tausenden von Monden leben wir hier schon und warten auf die Rückkehr Morganas. Und so wie es aussieht, ist in den letzten Tagen die Dämmerung angebrochen … nicht mehr lange …“
Sandreel hatte sich bei den letzten Worten geschüttelt. Sie konnte doch nicht Morgana sein? Nein. Ich hätte es gemerkt. Ich kann nicht Morgana sein. Nein. Aber ich weiß vermutlich wer es ist …Sandreel starrte Deneva an. „Warum erzählst du mir das alles?“ Eins der zwei rehbraunen Augen starrte zurück und zwang Sandreel den Blick abzuwenden. „Ich glaube wie alle hier an Morgana. Doch … ich glaube auch an die Liebe. Wie ich schon sagte: Ein Wort kann mehr Schmerz zufügen als 1000 Schläge. Ich warte nicht nur auf Morgana … Doch jetzt lass uns nicht nur auf so unerfreulichen Themen herumreiten, erzähl mir doch mal was du so gemacht hast … früher. Ich muss dich hier noch ne ganze Zeit ertragen, wa? Da will ich wenigstens ein paar Geschichten hören, ne!“ Sandreel schluckte. Und fing an zu erzählen.
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